Dr. Holger Müller Preis 2019 an Dr. Sander Lambo

12.03.2020

Für seine herausragende Arbeit zu einer seltenen und sehr aggressiven Form von Hirntumoren, die hauptsächlich bei Kindern unter drei Jahren auftritt, erhält Sander Lambo vom Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ) den Dr. Holger Müller Preis 2019. Der KiTZ-Wissenschaftler hat mit seinen Kollegen einen entscheidenden genetischen Treiber bei dieser Krebserkrankung entdeckt.

Die Verleihung des Preises fand am 12. März 2020 im Alten Rathaus von Esslingen unter der Schirmherrschaft von Kunsthistorikerin Dr. Angela Zieger statt. Erforscht hat KiTZ-Wissenschaftler Sander Lambo embryonale Tumore mit mehrschichtigen Rosetten (ETMR), eine besonders schlecht behandelbare Form von kindlichen Hirntumoren. Betroffen von dieser seltenen und sehr tödlichen Erkrankung sind meist Kinder unter drei Jahren. Pro Jahr wird bei ungefähr einem von 20 Millionen Menschen ein ETMR diagnostiziert – darunter etwa zwei bis drei Betroffene in Deutschland. Die meisten Patienten sterben innerhalb kürzester Zeit. Effektive Therapieoptionen gibt es bislang nicht.

Zur Entwicklung von neuen Behandlungsmöglichkeiten hat Sander Lambo mit seinen Kollegen Tumormaterial von 193 Patienten gesammelt und analysiert. Dabei haben die Wissenschaftler einen genetischen Treiber bei dieser Krebserkrankung entdeckt: einen Defekt des Gens Dicer1, der auch schon bei anderen seltenen Krebsarten nachgewiesen wurde. Der Mechanismus aber ist noch unbekannt.

Mittels Genomanalyse erstellte das Forscherteam eine Art „molekulare Landkarte“ des embryonalen Hirntumors. Dabei zeigte sich, dass die derzeitige Behandlung von ETMR mit platinbasierten Chemotherapeutika eher kontraproduktiv ist, weil sie neue Mutationen begünstigt und die Therapie der Tumoren erschwert.

Weiterhin fanden die Krebsforscher heraus, dass das Genom von ETMR-Patienten durch die Ansammlung von sogenannten „R-Loops“ sehr instabil ist. R-loops sind DNA-RNA-Hybridstrukturen, die sich bei der Kollision von DNA-Replikation und -Transkription bilden. Solche Strukturen wurden bereits mit chromosomaler Instabilität in anderen Tumoren assoziiert.

In den Analysen der Wissenschaftler korrelierte eine reduzierte Funktion von DICER1 mit einer erhöhten Anzahl von R-Loops und DNA-Schaden. Ein erhöhtes Level von R-Loops stellte sich dabei als therapeutische Schwachstelle heraus, die durch eine weitere Erhöhung mittels Topoisomerase- und PARP- Inhibitoren zur effektiven Abtötung von ETMR Zellen führte.

Sander Lambo konnte mit seinem Team zu einem besseren Verständnis der Krankheit beitragen und gleichzeitig neue Therapiemöglichkeiten aufzeigen für ETMRs und andere Tumoren, die mit dem Dicer1-Syndrom assoziiert sind.

„Ich bin sehr zuversichtlich, dass unsere genetischen Daten viele neue Möglichkeiten eröffnen werden, ETMR-Patienten zu helfen. Die Auszeichnung freut mich daher sehr“, so der Preisträger. Veröffentlicht hat Sander Lambo hat seine Ergebnisse im renommierten Fachmagazin „Nature“.

Das „Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg“ (KiTZ) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Universität Heidelberg (Uni HD).